Eröffnung der Cranach-Ausstellung - Dokumentation der Expedition Cranach500

Cranach-Preis - Erstverleihung

Vorbemerkungen:

Der Hamburger Kunstsammler Werner Blohm hat dem Lucas-Cranach-Gymnasium Wittenberg den

„Lucas-Cranach-Malerpreis“

gestiftet. Dazu hat Herr Blohm dem Lucas-Cranach-Gymnasium eine Reihe von Cranach-Faksimiles, von welchen der jeweilige Preisträger ein Blatt erhalten soll, geschenkt und er stellt ein entsprechendes Preisgeld bereit. Darüber hinaus unterstützt Herr Blohm großzügig finanziell den Kunstunterricht an unserer Schule. Die Bilder 1 und 2 zeigen einige der Faksimiles, das dritte Foto hat die Homepage-Redaktion als Dank an die Familie Blohm mit in die Bildergalerie (s.u.) aufgenommen.

Die letzen vier Bilder der Bildergalerie (s.u.) zeigen die Dokumentation der Expedition Cranach500.

 

Einführungsrede von Frau Dr. Elke Folgner am 09.10.2014

Das kommende Jahr 2015 ist deutschlandweit ganz einem Künstler aus der Zeit der Renaissance gewidmet.Lucas Cranach der Jüngere- dessen 499.er Geburtstag am 4. Oktober diesen Jahres war ,zu dessen 500. Jubiläum 2015 viele Veranstaltungen und Ausstellungen zu seinen Ehren stattfinden werden, steht auch heute hier bei uns im Mittelpunkt einer ihm gewidmeten Ausstellung.

Unsere Ausstellung hier im Lucas-Cranach-Gymnasium steht am Beginn der Eröffnung des internationalen Cranachjahres, in dem sich auch die Lutherstadt Wittenberg für das Jahr 2015 in eine Cranach City verwandeln wird, ehe sie im Jahr 2017 wieder ganz im Zeichen des Reformationsjubiläums und ihrem Beinamen Lutherstadt steht.

Lucas Cranach d. Ältere und sein Sohn Lucas Cranach der Jüngere, geboren 1515, zählen zu den wichtigsten Malern Sachsens im 16. Jh., die durch ihre ökonomisch geführte Malwerkstatt, ihre Verbindung zur politischen Herrscherschicht und die Qualität der Malerei von prägendem stilistischen Einfluss waren. Ein zweiter Sohn, Hans Cranach, geboren 1513, dem einige Bilder zugewiesen werden können, war ebenfalls ein talentierter Maler.Lucas Cranach d. Jüngere besaß den hohen Rang als einer der bedeutendsten Porträtmaler Sachsens um die Mitte des 16. Jh.`s. Sein Talent auf diesem Gebiet machte ihn zum bevorzugten Maler des kurfürstlichen Hofes in Dresden.

Deshalb haben sich unsere Schüler und Schülerinnen auch vorrangig mit einigen bekannten und auch unbekannteren Porträtdarstellungen auseinandergesetzt, angeregt durch uns die Kunstlehrer. Egal ob in der Klassenstufe 5 oder in der 9. Klasse, in der das Porträt und Selbstporträt im Lehrplan enthalten sind oder in der 10. Klasse- werden sie bei allen adaptierten Bildnissen und ihren Nachgestaltungen die liebevolle , kind -sowie jugendgemäße Bewältigung der Motivik des großen Vorbildes erspüren können. Zarte Bleistiftzeichnungen für das Selbstporträt im Dialog mit einem Cranachporträt stehen neben fotografischen Verfremdungen oder dem spielerischen Umgang mit der Collage.

Unsere Schüler und Schülerinnen kennen den Namen ihrer Schule, wissen, dass Lucas Cranach d. Ältere ein bedeutender Maler der Renaissance und Reformation war, der in Wittenberg durch vielfältige Aktivitäten bekannt wurde. Ob als Hofmaler beim Kurfürst Friedrich dem Weisen oder als Bürgermeister und Apothekenbesitzer. Schon etliche Jahre setzten sie sich im Kunst und Geschichtsunterricht mit dessen Bildwerken auseinander. So z.B. mit der 10-Gebotetafel, welche im Refektorium des Lutherhauses in WB zu sehen ist oder sie lernten die Bedeutung des Wittenberger Cranachaltars in Bezug auf die Neuerungen, die die Reformation mit sich brachte kennen. Doch ein Lucas Cranach der Jüngere war ihnen bislang nicht geläufig. Auch ich gebe ehrlich zu, dass ich bis vor einem Jahr kaum mehr als 2 bis 3 Bilder Lucas Cranach dem Jüngeren zuordnen hätte können.

Bereits während meines Studiums war ich in der Vorlesung zur Kunstgeschichte leicht irritiert über die beiden Namen. Vor allem konnte ich beim besten Willen keine Unterschiede in der Mal-und Darstellungsweise sowie der Themenwahl feststellen. Alles Cranach oder was soll es bedeuten??? Egal...

Lucas Cranach der Jüngere- der vom Älteren? Warum dieser Beinname? Nur für die Unterscheidung zum Älteren? Einmal der Jüngere, immer der Jüngere?

Einmal der Sohn eines großen, erfolgreichen und anerkannten Malers und Vaters – immer der Sohn des… nur der Jüngere?

Ist es nicht ein wenig so, als stünde er im Schatten des Älteren, Größeren, Bekannteren?

So frage ich:
Ist es ihm als Künstler gelungen sich aus dem Schatten der Berühmtheit seines Vaters zu lösen?
Wie oft wurde der Jüngere Cranach erst im 2. Zug erwähnt, wenn ein Bild des Älteren kunsthistorisch analysiert worden war und man dabei feststellte, dass noch weitere Malerhandschriften auf ein und demselben Bild zu vermerken wären.

Und wenn ich nun noch die uns allen bekannten Klischees bediene wird es denke ich noch deutlicher:
„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“—oder „in die Fußstapfen der Elterntreten“—oder „ wie der Vater, so der Sohn“

Was, deine Mutter ist Lehrerin an deiner Schule? Wurde mein Sohn von seinen Freunden skeptisch gefragt. Du Armer!! Und wie oft sprachen meine Kollegen sicherlich: das ist doch der Sohn von….

In meinem Bekanntenkreis gibt es viele erfolgreiche selbstständige Architekten, Ärzte und Ingenieure, die noch heute deklamieren ein Lehrerkind gewesen und mit ach so dominanten „Übermüttern“ und „Übervätern“ aufgewachsen zu sein. Der Roman des Jugendautors Bastian Bielendorfer mit dem Titel „Lehrerkind- lebenslänglich Pausenhof“ ist ein Bestseller geworden! Und sie alle kennen berühmte Künstler, deren Kinder in die Fußstapfen ihrer Väter oder Mütter getreten sind und häufig den Beinamen der Sohn von   oder die Tochter von  ertragen müssen. Denken sie zum Beispiel an Wolfgang Amadeus Mozart und sein ehrfürchtiges Verhältnis zu seinem, wie von ihm genannten „Herrn Vater“, wo doch der Sohn der weitaus kreativere und berühmtere schon zu seinen Lebzeiten war. Oder setzen wir die Reihe fort bei Johann Sebastian Bach und seinem Sohn, dem Schauspieler Charly Chaplin und seiner Tochter Geraldine, Kirk Douglas und Sohn, Hardy Krüger und Sohn, Uwe Ochsenknecht und seine Söhne, dem Modedesigner Joop und Tochter Jette…. Und ... Das klassische Beispiel einer Übermutter----Queen Mom und Sohn Charles.

Sie sehen, es hat Tradition, wenn talentierte Kinder ihren Elternvorbildern  nacheifern!

Aber zurück zu Lucas Cranach dem Jüngeren und der Frage: Ist es ihm gelungen und vor allem wie, sich aus dem Schatten seines berühmten Vaters zu lösen und ein eigenständiger anerkannter Künstler zu werden?

Lucas Cranach der Jüngere, der seit Kindesbeinen in der Werkstatt des Vaters gearbeitet hatte, eignete sich dessen Stil naturgemäß an. Trotzdem entwickelte er im Laufe der Jahre eine zunehmend persönliche Handschrift, die sich zum Beispiel in einem helleren, kühleren Kolorit äußerte. Das kann man erkennen, wenn man das Blau der Himmelspartien und die Hautfarben auf Bildern der beiden Cranachs vergleicht. Diese Motive sind beim jüngeren Cranach stets heller und transparenter aufgefasst und von einer großen malerischen Delikatesse mit feinen Tonabstufungen. Nicht zuletzt fühlte sich kein geringerer Künstler als Pablo Picasso schon zu Werken des jungen Cranachs hingezogen, so dass auch er dessen Werke für sich  als Vorbild entdeckte und adaptierte. So hat Picasso das Bildnis einer feinen Dame in einem Farbholzschnitt nachgestaltet. Auch unsere Schüler aller Altersgruppen haben sich dieses feine Porträt aus einer Fülle weiterer ihnen zur Auswahl vorliegender Bildnisse ausgewählt, um es auf ihre persönliche Weise zu adaptieren.

... ein mal  Bleistift und Buntstiftzeichnung Kl.7

... ein mal Tempera und Acryl Kl.10

... ein mal im Linolschnitt Kl.8  dieser Druck von Steffi Fugmann ist als Motivkarte zum Cranachjahr ausgewählt und als Kunstdruckkarte veröffentlicht worden durch ein Gremium der Cranach City.

Auf der Suche nach Vorbildbildern gemalt von Cranach dem Jüngeren stieß ich bei meiner Internetsuche auf etliche Porträtdarstellungen, die bei weitem nicht die schönsten Damen und Herren wiedergaben, aber er hat es als hervorragender Porträtist ,der er war, dennoch verstanden, der Hässlichkeit noch malerische Schönheit zu verleihen! So denke ich, sind nicht die wenigen erhalten gebliebenen Epitaphe oder Altarbilder die Stärken des jungen Cranach, sondern die Vielzahl erhaltener Porträts von Fürstinnen und Fürsten sowie bedeutenden Bürgern, bei denen sein besonderes Talent spürbar wird, und ihn zu Recht zum bedeutenden Porträtisten seiner Zeit aufsteigen ließen. Auch konnte der Jüngere sich dem geistigen Klima nach der Reformation nicht entziehen. Auch er malte eine Reihe von Epitaphe( so auch zu sehen in der Wittenberger Stadtkirche “Der Weinberg des Herren“ sowie das Epitaph der Familie Dr. Friedrich Drachstedt.)

Häufig wird auch der Sündenfall der Menschheit mit Adam und Eva im Paradies aufgegriffen. Eva reicht Adam die verbotene Frucht vom Baum der Erkenntnis, worauf sie aus dem Paradies vertrieben werden. Auch dieser Thematik widmeten sich einige Schüler, hier zu sehen in Acryl. Erst durch den Kreuzestod Christi wird die Menschheit vom Sündenfall erlöst. Diese Gegenüberstellung von Sündenfall und Erlösung war in der Reformation ein beliebtes Bildthema. Zwei zarte Bleistiftzeichnungen zeigen diese Motivik in der Ausstellung.

Zum Abschluss meiner versuchten Annäherung an die Lebens und Bildwelt des jungen Cranach möchte ich auf die in der Ausstellung gezeigten Pflanzen und Blumendarstellungen hinweisen.

Wie passen die in die Bildwelt der Reformationszeit und seiner Maler?

Bei beiden Cranachs finden wir auf vielen Gemälden liebevoll detailliert gemalte Blumen und Kräuterdarstellungen. Deshalb fanden wir Kunstlehrer, dass sich Anforderungsbereiche des Lehrplanes Kunst sehr gut mit der anstehenden Cranachehrung verbinden ließen, wenn unsere 5klässler sich mit den Gestaltungsmitteln der Grafik beschäftigen in Verbindung zur Pflanzensymbolik bei Cranachs. Ergebnisse dieser bildnerischen Auseinandersetzung sind z.B. die Monotypien mit dem Maiglöckchenmotiv in Kombination mit Naturstudien in Bleistift. Ebenso gehören die beiden Bildbeispiele mit den gepressten Naturblumen und Kräutern, sowie die daneben befindlichen Federzeichnungen und der Materialdruck einer Pflanze dazu.

Im von Superintendent Albrecht Steinwachs herausgegebenen Buch „ Lucas Cranach und die Pflanzen, Erdrauch, Diestel, Apfelbaum“ finden sich eine Vielzahl von ihm entdeckten und in ihrer Symbolträchtigkeit beleuchteten Pflanzen und Blumen.

Auf dem Epitaph „Der gute Hirte“, das Lucas Cranach der Jüngere nach 1573 für die Fam Dr. Drachstedt gefertigt hat und im Altarraum der Wittenberger Stadtkirche zu sehen ist, begegnen uns einige Blumenpflanzen. Vor den Knien des Stifters Drachstedt steht das Maiglöckchen. Es blüht im Frühling, hat eine Reihe von weißen, nickenden Blüten in Glockenform und duftet lieblich. Es ist Symbol für die Ankunft Christi, für Maria und die reine lutherische Lehre. Der Stifter Drachstedt hat sich in seinem Beruf als Jurist im kurfürstlichen Konsistorium für die Reinhaltung der lutherischen Lehre eingesetzt. Auf eben diesem Epitaph findet sich vor dem verstorbenen Kind der Löwenzahn, auch Kuhblume genannt. Seine Blüte gleicht der Sonne. Die Blüte wird zur „Pusteblume“, deren Samen herumfliegt. Sie steht für die Ausbreitung des Christentums. Die Blätter verleihen Kraft, Stärke und Löwenmut. Beim verstorbenen Kind ist die Blüte noch nicht erblüht, denn das früh verstorbene Kind ist noch nicht zur Blüte des Lebens gekommen. Zum Abschluss meiner Einführung in die Ausstellung ein Beispiel, wie sich unsere Schüler auch auf lustig verspielte Weise mit ihrem Cranach auseinandergesetzt haben. Heutzutage sind die Medien ein nicht mehr verzichtbarer Quell für Information und Kommunikation. Im Lehrplan der 8. Klasse steht eben diese Medienlandschaft im Fokus der inhaltlichen und bildnerischen Auseinandersetzung der Schüler.

Hier soll sich der Kreisbogen zurück zum Vater Cranach schließen.

Ich wünsche mir nun, dass sie beim Betrachten einiger Werke unserer Schüler an meine Erläuterungen zur Entstehungsgeschichte erinnert werden und den Dialog mit Cranachmotiven genießen können.

Bildergalerie

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