Himmelfahrt und Mauerbau - wie passt dies zusammen?

Himmelfahrt und Mauerbau - wie passt dies zusammen?

Cranach-Gymnasiasten wirkten bei der Schaffung einer Installation zum Grenzregime mit

Helmstedt/Wittenberg:
26. Mai 2022 - "Himmelfahrt" - 40 Tage nach Ostern entschwand der auferstandene Jesus im Himmel, so lautet eine knappe Beschreibung im Christentum. Der religiöse Ursprung ist spätestens mit dem "Vatertag" in der Öffentlichkeit in den Hintergrund gerückt worden. Eine völlig andere, sehr irdische Bedeutung ist mit dem Wort "Himmelfahrtskommando" verknüpft. Wenn hier ein religiöser Bezug hergestellt werden sollte, dann der, dass hierbei quasi der "Teufel seine Hand mit im Spiel" haben könnte. Begriffe wandeln sich, bleiben aber mit bestimmten Vorstellungen verbunden. Dies trifft ebenso auf das Wort "Mauerbau" zu. Historisch ist dies mit Grenze und deutscher Teilung verbunden. Oft ist auch noch das Datum 13.08.1961 präsent. Dass die innerdeutsche Grenze aber zu diesem Zeitpunkt bereits schon fast ein Jahrzehnt bestand, gerät zunehmend in Vergessenheit. Am 26.05.1952 verkündete der Ministerpräsident der DDR, Otto Grotewohl, die "Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands". Dies war der Grundstein für eine Jahrzehnte andauernde Spaltung Deutschlands und der Beginn des Auf- und Ausbaus einer Staatsgrenze einschließlich eines Grenzregimes. In diesem Jahr jährt sich dies zum 70. Mal.

Um die Erinnerung daran wachzuhalten und das damit verbundene Leid nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, engagieren sich hier Vereine und Institutionen aus Niedersachsen und Sachsen-Anhalt in der Region des ehemaligen Grenzüberganges Helmstedt-Marienborn. 

Unter der Leitung des Helmstädter Vereins "Grenzenlos. Wege zum Nachbarn e.V." wurde in diesem Jahr eine Projektwoche für Schülerinnen und Schüler aus beiden Bundesländern initiiert. Diese stand unter dem Motto "Ausbau des Grenzregimes der DDR - Einrichtung einer Sperrzone - Zwangsaussiedlung - Flucht". Hierbei sollten die Teilnehmer sich einerseits mit dem historischen Ereignis auseinandersetzen und andererseits ihren gewonnen Erkenntnissen künstlerischen Ausdruck verleihen. Neben der inhaltlichen Arbeit der fast 20köpfigen Projektgruppe gehörte das gemeinsame Engagieren und Austauschen zu den angestrebten Zielen.

Zu den Vertretern aus Sachsen-Anhalt gehörten drei Schüler des Lucas-Cranach-Gymnasiums aus der Lutherstadt Wittenberg. Dies ist keineswegs zufällig, denn mit der Stadt Helmstedt und dem Verein Grenzlos besteht bereits eine langjährige erfolgreiche Tradition der Zusammenarbeit. Neben der Teilnahme an den jährlich stattfindenden Schüleruniversitätstagen im September wurden bereits mehrfach gemeinsame Exkursionen und Projekte durchgeführt. Der bisherige Höhepunkt dürfte dabei die durch Schüler gemeinsam gestaltete Rahmenhandlung des offiziellen Festaktes der beiden Bundesländer zum Mauerfall (2014) gewesen sein.

Nun kommt mit dieser Projektwoche ein weiteres Kapitel hinzu. In den ersten beiden Tagen standen zunächst Recherchen, Gespräche mit Zeitzeugen und Begegnungen mit historischen Orten im Zentrum. Nach einer Austauschphase wurden gemeinsam mit der Künstlerin Julia Wally Wagner künstlerische Ideen entworfen und gesammelt. Die Realisierung mit dem Werkstoff Maschendraht erfolgte in den darauffolgenden Tagen. Ursprünglich war für den Abreisetag ein Aufstellen des geschaffenen Kunstwerkes, besser gesagt der geschaffenen Installation, auf dem Gelände des Grenzdenkmals Hötensleben angedacht gewesen. Dies wurde mit Teilnehmern der Projektwoche nun am Vorabend von "Himmelfahrt" nachgeholt. Die offizielle Präsentation erfolgte heute, am 26. Mai, einem historisch denkwürdigem Tag, was die deutsch-deutsche Teilung, die Geschichte der Grenze und der damals dort lebenden Menschen angeht. Wer sich das Ergebnis ansehen möchte, sollte einfach mal vor Ort in Hötensleben vorbeischauen. Nach dem Erinnerungsort in Griebo (Johanna Keller) gibt es nun eine weitere historische Stätte für die Nachwelt unter Beteiligung von Cranach-Gymnasiasten.

Für die drei teilnehmenden Schüler des Lucas-Cranach-Gymnasiums ist die Projektwoche bereits schon wieder Geschichte. Für sie war es keineswegs ein "Himmelfahrtskommando". Mit vielen Eindrücken, Erkenntnissen, Erfahrungen und Kontakten beladen kehrten sie heim und genießen nun die Ihnen noch verbleibenden Ferientage.

Kurt Fuchs, 26.05.2022
 
Bilder: Behrens privat

  • ehemalige Grenzübergangsstelle Marienborn
  • Beobachtungsturm auf dem Gelände des Grenzdenkmals Hötensleben
  • Zwischenprodukte des künstlerischen Schaffens

Bildergalerie

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